Interview mit Friedrich Merz
Der geneigte Leser möge bedenken, dass bei diesem Gespräch alles, also wirklich alles erfunden ist!
Websat:
Herr Merz, Sie haben sich besorgt geäußert über das Abschneiden der rechtspopulistischen BIW in Bremen. Lassen Sie das so stehen?
Merz:
Auf jeden Fall. Da muss einen doch die Sorge und Unruhe umtreiben, angesichts der Wahlerfolge des rechten Sumpfes.
Websat:
Herr Merz, stellen Sie sich als Jetbesitzer bitte folgende Situation vor:
Sie fliegen in 10.000 Meter Höhe entspannt dahin, dann kommt vom Pilot die Meldung, dass drei von vier Triebwerken ausgefallen seien. Würde Sie das beunruhigen?
Merz:
Sind Sie verrückt? Da geht es aber abwärts. Das ist nicht beunruhigend, das ist eine lebensbedrohende Katastrophe.
Websat:
Na gut. Anderes Beispiel:
Sie stehen im unteren Bereich auf einem schneebedeckten Hang. Dann sehen Sie, dass sich das obere Drittel des Schneehanges gelöst hat und mit Tempo 200 talwärts, also auf Sie zu rast. Wäre das für Sie ein Grund für Sorge?
Merz:
Was soll diese Wortklauberei? In einem solchen Fall ist von Sorge keine Rede mehr, sondern wohl eher von Panik.
Websat:
Sehen Sie mal an. Von Erich Kästner stammen folgende Sätze:
„Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf.“
1928 hatte die NSDAP 2,4% der Stimmen im damaligen Reichstag. Da war die Lawine schon unterwegs. Heute sind die Faschisten mit 10,7% im Bundestag vertreten, in Sachsen sogar mit 27,5%. Reicht da Sorge noch aus, oder ist das schon eine Katastrophe? Packt Sie da schon die Panik? Und wenn ja, was gedenken Sie zu tun? Wie gesagt, die Lawine ist schon unterwegs.
Merz:
Wir von der Union tun alles erdenkliche, um diese Gruppierung in Schach zu halten. Aber ihr von der Presse habt natürlich nur eines im Kopf, möglichst hohe Auflagen mit reißerischen Aufmachern zu erzielen.
Websat:
Sehr schmeichelhaft. Aber mal im Ernst: 2018 haben sie laut verkündet, die AFD im Bundestag zu halbieren. Da hatten die 12,3%, jetzt immer noch 10,7%. Stimmt bei Ihnen was nicht mit der Mathematik?
Merz:
Na schön, nicht ganz die Hälfte, aber immerhin weniger. Das wird sich jetzt so fortsetzen.
Websat:
Lassen Sie mich rechnen: Wenn das in dem Tempo so weitergeht, dann kommt die AFD nach fünf Wahlperioden, also in gut 20 Jahren unter die 5%-Hürde und wäre dann draußen. Wenn nichts dazwischen kommt. Ist das Ihre Zielvorstellung? Oder wollen Sie den heutigen Zustand doch mehr als Katastrophe bezeichnen und nicht mehr mit „beunruhigend“ verniedlichen?
Merz:
Gauland wäre dann über 100 Jahre alt. Das hält der garantiert nicht aus.
Websat:
Stimmt! Aber Höcke, der Vorzeigefaschist ist dann erst etwas über 70 und die Weidel käme gerade erst ins Rentenalter. Mich persönlich versetzt die heute schon in Panik.
Merz:
Ich zitiere sie ungern, aber in dem Fall halte ich es mit Angela Merkel: „Wir schaffen das!“
Websat:
Das walte Angela! Danke für das Gespräch.
Interview mit Alice Weidel
Der geneigte Leser möge bedenken, dass bei diesem Gespräch alles, also wirklich alles erfunden ist! (eigentlich schade!)
Websat:
„Frau Weidel, wie faschistisch ist die AFD?“
Weidel:
„Wie können Sie es wagen, die AFD mit Faschismus in Verbindung zu bringen?“
Websat:
„Sie streiten also ab, dass sich in Ihrem Laden ein paar braune Sumpfratten rumtreiben?“
Weidel:
„Können Sie auch noch was anderes als beleidigen?“
Websat:
„Stimmt! Ich entschuldige mich bei den Sumpfratten. Aber mal im Ernst: Sie werden doch nicht abstreiten, dass es faschistische Elemente unter Ihren Gefolgsleuten gibt?“
Weidel:
„Faschismus, Faschismus! Ich kann es nicht mehr hören. Was soll das überhaupt bedeuten?“
Websat:
„Nun, Der Faschismus ist eine politische Bewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Italien entstand. Sie vertritt rechtsextreme, rassistische und fremdenfeindliche Gedanken.“
Weidel:
„Wo haben Sie das denn her?“
Websat:
„Internet. Politik für Kinder. Damit auch Sie es verstehen können.“
Weidel:
„Frechheit! Und was haben wir damit zu tun?“
Websat:
„Bei Andreas Kemper können wir lesen:
Die Alternative für Deutschland ist als Partei der Ungleichwertigkeit bestimmt durch drei ideologische Strömungen: Neoliberalismus, Christlicher Fundamentalismus und Faschismus. Während die AfD in ihrer Gründungsphase von einer nationalliberalen Ausrichtung des Neoliberalismus dominiert wurde, hat der faschistische Flügel um Björn Höcke (und ehemals auch Andreas Kalbitz) in der AfD zunehmend an Einfluss gewonnen. In der AfD geht die Tendenz in Richtung faschistische Ideologie.“
Weidel:
„Wer ist schon dieser Andreas Kemper?“
Websat:
„Soziologe. Beschäftigt sich unter anderem mit Klassizismus.“
Weidel:
„Da haben Sie es ja. Ideologe, Theoretiker, Sesselfurzer. Hat mit uns überhaupt nichts zu tun.“
Websat:
„Na ja! Da gibt es doch diesen Bernd Höcke, den man ungestraft als Faschisten bezeichnen darf.“
Weidel:
„Björn.“
Websat:
„Wie meinen?“
Weidel:
„Björn. Der Mann heißt Björn und nicht Bernd.“
Websat:
„Sind Sie sicher?“
Weidel:
„Na hören Sie mal. Ich werde doch meinen Parteifreund kennen.“
Websat:
„Sie haben also den bekanntesten Faschisten der Republik zum Freund, haben aber mit Faschismus nichts am Hut?“
Weidel:
„Sie dürfen nicht alles glauben, was die Lügenpresse so von sich gibt.“
Websat:
„Reines Pegida-Vokabular. Das machen Sie sich also auch schon zu Eigen? Im Übrigen entspringt diese Bezeichnung nicht der Presse, sondern einem Gerichtsurteil.“
Weidel:
„Sei’s drum. In jeder Partei gibt es Leute mit Einstellungen, die von der Mehrheit nicht so getragen werden.“
Websat:
„Zu der Mehrheit gehören Sie auch?“
Weidel:
„Jede Art Extremismus ist abzulehnen!“
Websat:
„Bei Höcke sieht das aber mehr nach Anlehnung aus.“
Weidel:
„Wie soll ich das verstehen?“
Websat:
„Nun, von Ihrer gemeinsamen Veranstaltung in Erfurt gibt es ein Foto, da strahlen Sie ja richtig.“
Weidel:
„Da war Wahlkampf. Da macht man so was“
Websat:
„Sie machen also Wahlkampf für einen Faschisten und seine Anhänger?“
Weidel:
„Was für Anhänger?“
Websat:
„Sie haben doch mal im Bundestag gegen Burkaträger, Kopftuchmädchen, marodierende Messerträger und andere Taugenichtse gewettert. Stehen Sie jetzt mehr auf glatzköpfigen Muskelprotzen mit wenig Hirn, randalierenden Baseballschlägertruppen und bis an die Kinnspitze tätowierten, Naziparolen schreienden Ausländerfeinden?“
Weidel:
„Noch was?“
Websat:
„Ja! Fackelträger.“
Weidel:
„Hrmpf! Sie sollten sich mal unser Wahlprogramm durchlesen. Da finden Sie die Wertvorstellungen, die wir vertreten und für die wir einstehen.“
Websat:
„Machen wir. Versprochen. Darüber reden wir dann im nächsten Gespräch.“
Weidel:
„War’s das also?“
Websat:
„Für heute ja. Wir bedanken uns für das Gespräch!“
Interview mit Christian Lindner
Der geneigte Leser möge bedenken, dass bei diesem Gespräch alles, also wirklich alles erfunden ist!
Websat:
"Herr Minister, Sie haben das städtische Gymnasium in Wermelskrichen besucht. Hatten Sie da auch Latein?"
Lindner:
"Wurde ab der 7. Klasse angeboten. Was soll die Frage? Glauben Sie, ich wäre lieber Papst geworden?"
Websat:
"Interessanter Gedanke. Aber mal im Ernst: Sagt Ihnen der Satz „Pacta sunt servanda“ etwas?"
Lindner:
"Dazu muss man nicht Latein gelernt haben. Das ist Bestandteil des internationalen Wirtschaftsrechts und bedeutet: „Verträge sind einzuhalten.“
Websat:
"Würden Sie einen Kabinettsbeschluss auch als eine Art Vertrag bezeichnen?"
Lindner:
"Auf jeden Fall. Wo kämen wir hin, wenn sich nicht einmal Minister aufeinander verlassen könnten."
Websat:
"Das sogenannte Heizungsgesetz entspringt einem Kabinettsbeschluss. Ist das soweit richtig?"
Lindner:
"Klar. Ich war ja dabei."
Websat:
"Warum halten Sie sich nicht daran?"
Lindner:
"Es ist noch nie ein Gesetz aus dem Bundestag rausgekommen, wie es reingekommen ist."
Websat:
"Das war nicht die Frage. Ich interpretiere aber Ihre Antwort dahingehend, dass Sie von Anfang an dagegen waren."
Lindner:
„Das kann man nicht so sagen. Es muss halt nachgebessert werden.“
Websat:
„Immerhin haben Sie eine Liste mit 77 Änderungen aufgestellt, und einer Ihrer Parteifreunde meint, es müsse ein komplett neues Gesetz her. Das klingt nicht nach Nachbessern.“
Lindner:
„Da haben sich halt ein paar handwerkliche Fehler eingeschlichen. Da muss man drüber reden.“
Websat:
„Zum Beispiel?“
Lindner:
„Man kann und darf die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nicht verpflichten, ihre Heizungen rauszureißen und gegen Wärmepumpen auszutauschen.“
Websat:
„Wo haben Sie denn diesen Schwachsinn her?“
Lindner:
„Steht doch im Gesetz!“
Websat:
„Ach, es gibt noch ein anderes?“
Lindner:
„Ein anderes was?“
Websat:
„Gesetz!“
Linder:
„Nein, wieso?“
Websat:
„Weil in dem vorliegenden, von Ihnen mit beschlossenen Gesetz nichts von dem von Ihnen zitierten Schwachsinn drinsteht!“
Linder:
“Aber die Bürger verstehen es so.“
Websat:
„Wäre es dann nicht an der Zeit, dass auch Sie als Mitverantwortlicher für Aufklärung sorgen, statt von einem verkorksten Gesetz zu schwafeln, das Sie immerhin selber mit verabschiedet haben?“
Lindner:
„Wir als fortschrittliche Partei haben es immer zu unserer Aufgabe gemacht, über den Tellerrand hinauszuschauen und zukunftssichere Entscheidungen zu treffen. Und da kann man sich nicht nur auf Wärmepumpen versteifen.“
Websat:
„Zitieren Sie jetzt gerade die AFD?“
Lindner.
„Na, hören Sie mal. Das ist doch einer von Habecks Träumen.“
Websat:
„Uns ist nicht bekannt, was Habeck so träumt. In dem vorliegenden Gesetz steht davon aber nichts drin.“
Lindner:
„Wovon?“
Websat:
„Na, von Wärmepumpen.“
Lindner:
„Wirklich nicht?“
Websat:
„Lesen Sie selber nach.“
Lindner:
„Na, wenn schon! Doch was ist mit den E-Fuels? Das ist doch die Zukunft oder etwa nicht? Steht nichts drin im Gesetz!“
Websat:
Doch. Das Gesetz ist ausdrücklich technologieoffen. Und das mit den E-Fuels können Sie sicher erklären?“
Lindner:
„Machen Sie doch selber Ihre Hausaufgaben. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die aus Wasser und CO² hergestellt werden. Und da können Sie alles mit antreiben oder heizen.“
Websat:
„Und das ist klimaneutral?“
Lindner:
„Aber sowas von! Da wird das CO² sprichwörtlich aus der Luft gesaugt. Sauberer geht’s gar nicht!“
Websat:
„Hrmpf. Rechnen wir mal: Ein Verbrennermotor der mit E-Fuel betankt wird, braucht fünfmal soviel Energie wie ein batteriebetriebenes Auto.
Eine Heizung, die mit E-Fuel betrieben wird, braucht sechs bis vierzehnmal soviel Energie wie eine Wärmepumpe. Außerdem produzieren sie bei der Verbrennung drei bis viermal soviel Emissionen. Und das auch nur, wenn mit hundertprozentig grüner Energie hergestellt würde. Das nennen Sie sauber?“
Lindner:
„So seid ihr von der Presse. Alles erst mal schlechtmachen. Wie wäre es denn mit etwas mehr Vertrauen in die Wissenschaft?“
Websat:
„Die steigen nicht auf ein totes Pferd. Aber wenn wir schon bei Pferd sind, zäumen wir den Gaul doch mal anders herum auf. Ihre Partei hat bei den letzten Wahlen ganz schön Federn lassen müssen. Könnte es sein, dass Ihr ganzes Getöse nur den einen Zweck hat, ununterbrochen im Gespräch zu sein, um deutlich zu machen, wie wichtig die FDP ist? Und dass Sie Ihrer Stammklientel so lange wie möglich irre Umsätze mit Öl und Gas ermöglichen wollen? Und das ganze auch noch ziemlich publizistisch als Sorge um die armen Hausbesitzer verkaufen, die angeblich alle am 1.1.2024 ihre Heizungen rausreißen müssen?“
Lindner:
„Und Sie werfen mir Publizismus vor?“
Websat:
„Klar doch. Seit Ihrem Gemeckere am eigenen Gesetz und der damit einhergehenden Verunsicherung der Bevölkerung ist der Umsatz an neuen Gas- und Ölheizungen um 100 Prozent gestiegen. Zählen die Hersteller nicht auch zu Ihrer Stammklientel?“
Linder:
„Diese Frage sollte Ihnen eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben. Ich und meine Partei haben immer nur das Wohl der Menschen in unserem Lande im Blick. Das da auch ein paar Unternehmer dabei sind, ist purer Zufall.“
Websat:
„Wirklich? Manche Zufälle sind so zufällig, dass man es wörtlich nehmen muss, nämlich so, dass einigen da etwas zufällt.“
Linder:
„Zum Beispiel?“
Websat:
„Gastronomie! Denen ist ordentlich was zugefallen! Was ist dafür bei Ihnen abgefallen?“
Lindner:
„Hrmpf!“
Websat:
„Genau! Da wäre auch noch die schon erwähnte Ölindustrie, die vehement gegen Tempo 130 ist.“
Lindner:
„Kommen Sie doch nicht mit dieser Mottenkiste. Da vertraue ich voll und ganz dem Verkehrsminister.“
Websat:
„Meinen Sie den, der nicht genügend Schilder hat?“
Lindner:
„Das macht mit Ihnen wirklich keinen Spaß.“
Websat:
„Soll es auch nicht! Wir machen trotzdem Schluss. Herr Minister, wir bedanken uns für das Gespräch.“
Interview mit dem Unaussprechlichen
Der geneigte Leser möge bedenken, dass bei diesem Gespräch alles, also wirklich alles erfunden ist!
Websat:
"Hör zu, du musst mir helfen!"
"Wer, ich?"
Websat:
"Klar. Wer sonst?"
"Wie denn? Was denn? Wo denn? Wer denn?"
Websat:
"Ach so, ja. Du bist ja noch niemand."
"Wieso nicht?"
Websat:
"Weil ich dich gerade erfunden habe."
"Und deshalb glaubst du, dass du mit mir machen kannst, was du willst?"
Websat:
"Klar! Jetzt halt die Klappe, sonst erfinde ich einfach einen anderen."
"Könnte ich vielleicht auch einen Namen haben?"
Websat:
"Gute Idee. Dann kann ich euch besser auseinander halten. Wie wäre es mit Ali? Nein, das ist zu offensichtlich. Oder Peter? Nee, geht an der Sache vorbei. Reta! Das ist es. Da kann sich keiner beschweren. Also gut, du bist Reta."
Reta:
"Klingt nicht sehr fantasievoll. Aber ich bin ja auch nur erfunden!"
Websat:
"Du sagst es. Aber jetzt mal zum Thema. Es geht um ein Interview mit dem Unaussprechlichen."
Reta:
"Unaussprechlichen?"
Websat:
"Genau. Du weißt schon, wen ich meine. Den aus du weißt schon."
Reta:
"Den mit dem besonderen Verhältnis zur Presse?"
Websat:
"Bist du wahnsinnig, so deutlich zu werden? Willst du mich in den Knast bringen?"
Reta:
"Nicht unbedingt. Oder vielleicht doch?"
Websat:
"Also, dies Gespräch hat nie stattgefunden, verstanden?"
Reta:
"Klar. Alles nur virtuell. So wie ich!"
Websat:
"Schlaues Kerlchen. Also, ich stelle mir jetzt laut vor, IHN zu fragen. Und du stellst dir dann vor, was ER antworten würde. Dann kann uns keiner was wollen. Alles verstanden?"
Reta:
"Weiß nicht. Fang mal an!"
Websat:
"Eigentlich könntest du Sie zu mir sagen. Aber sei’s drum.
Herr Präsident, am 5.6.1928 urteilte ein deutsches Reichsgericht folgendermaßen:
„Es ist der Satire wesenseigen, dass sie mehr oder weniger stark übertreibt,
d. h. dem Gedanken, den sie ausdrücken will, einen scheinbaren Inhalt gibt,
der über den wirklich gemeinten hinausgeht, jedoch in einer Weise,
dass der des Wesens der Satire kundige Leser oder Beschauer den
geäußerten Inhalt auf den ihm entweder bekannten oder erkennbaren
tatsächlich gemeinten Gehalt zurückzuführen vermag.“
Ist damit nicht der von Ihnen angestrengte Prozess hinfällig, weil doch schon alles gesagt wurde?
Reta:
"Das habe ich nicht verstanden."
Websat:
"Ein bisschen Mühe könntest du dir schon geben."
Reta:
"Ich habe das schon verstanden. Aber ich soll mir doch vorstellen, was ER antworten würde auf die Fragen, die du dir vorstellst IHM zu stellen, oder? Und ich stelle mir vor, dass ER es nicht verstanden hat, verstanden?"
Websat:
"Dein Satzbau ist schlimmer als der vom Reichsgericht."
Reta:
"Wen hast du jetzt gemeint: IHN oder mich?"
Websat:
"Hör zu, Kumpel, ich weiß, dass sich erdachte Figuren manchmal selbstständig machen. Ich finde, du übertreibst gewaltig."
Reta:
"Vorschlag: Wenn ich mir vorstelle ER zu sein, stehe ich aufrecht, und wenn ich mit dir rede, mach ich in kursiv. Nur, damit wir uns besser verstehen."
Websat:
"Guter Vorschlag. Könnte von mir sein. Habe ich dich also dahingehend verstanden, dass du dir vorstellst, meine Frage nicht verstanden zu haben?"
Reta:
"Genau!"
Websat:
"Also weiter!
Herr Präsident, haben Sie meine Frage nicht verstanden oder das zitierte Urteil?"
Reta:
"Beides! Das Urteil ist typisch deutsch, also völlig konfus und die Übersetzung ist grauenvoll. Außerdem interessiert es mich nicht die Bohne, was in deutschen Urteilen oder Gesetzen steht.
Denn ich bin ICH und stehe über allem."
Websat:
"Über Ihr Verhältnis zu deutschen Gesetzen reden wir noch. Kommen wir zum Zitat, und zwar Zeile für Zeile.
Ich zitiere: Es ist der Satire wesenseigen, dass sie mehr oder weniger stark übertreibt.
Der Gedichteschreiber, den Namen lassen wir lieber weg, hat also stark übertrieben, weil er, wie man in Zeile zwei lesen kann, dem Gedanken, den er ausdrücken will, einen scheinbaren Inhalt gibt. Soweit alles klar?"
Reta:
"Und welchen Gedanken will er ausdrücken?"
Websat:
"Das ist offensichtlich. Er mag Sie nicht nur, er liebt Sie über alle Maßen."
Reta:
"Indem er mich beschimpft?"
Websat:
"Genau. Ich bringe ein Beispiel:
Wenn ein Engländer über eine Frau sagt, sie sei nicht besonders hässlich, bedeutet dass im Klartext, dass er bereits in Liebesraserei verfallen ist.
Der Gedichteschreiber hat also seine Gefühle scheinbar umgekehrt, weil er, so Zeile vier, davon ausgegangen ist, dass Sie ein des Wesens der Satire kundiger Leser bzw. Beschauer sind und deshalb, so Zeilen fünf und sechs, den geäußerten Inhalt auf den erkennbaren tatsächlich gemeinten Inhalt zurückzuführen vermögen. Ist doch eigentlich ganz simpel."
Reta:
"Und das soll Satire sein?"
Websat:
"In Reinform. Schöner geht es gar nicht!"
Reta:
"Aber warum im Fernsehen vor Millionen Zuschauern?"
Websat:
"Naja, bei dem Sender ist die Zuschauerzahl eher begrenzt. Er wird davon ausgegangen sein, dass Sie diesen Sender auch überwachen lassen."
Reta:
"Diese Behauptung ist ungeheuerlich! Es ist der Zuneigung meines Volkes mir gegenüber zu verdanken, dass meine Landsleute mir vertrauensvoll berichten, wenn ICH, und damit auch sie beleidigt und verhöhnt werden. Es geht mir ja auch nicht um mich, sondern nur um die misshandelten Gefühle meiner Untertanen. Was würde ihr Bundespräsident sagen, wenn er in meinem Lande öffentlich so beleidigt würde?"
Websat:
"Er würde sagen: Was stört es eine deutsche Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr schabt. Aber er würde es leise sagen.
Jetzt weiter:
Sie haben gesagt, es interessiert sie nicht die Bohne, was in deutschen Gesetzen steht. Ist der Paragraf 103 StGb da eine Ausnahme?"
Reta:
"Natürlich. Das ist ja kein reindeutsches Gesetz, denn es betrifft ja nur ausländische Herrscher."
Websat:
"Sie sind aber bloß Präsident und kein Herrscher."
Reta:
"In meiner Sprache ist da kein Unterschied. Und wenn doch, dann nur, weil ich das noch nicht geändert habe. Jetzt habe ich eine Frage:
Warum führen wir dieses Gespräch am Telefon? Warum kommen sie nicht zu mir in mein Land?"
Websat:
"Da wird im Moment zu viel geändert. Aber trotzdem Danke für dies Gespräch."
Reta:
"Na, wie war ich?"
Websat:
"Ziemlich authentisch. Meinst du, er hätte die Kröte geschluckt?"
Reta:
"Den Schwachsinn mit der unermesslichen Liebe?"
Websat:
"Genau!"
Reta:
"Kein Stück. Er hätte angenommen, dass mit dem Gedicht nur vorgetäuscht werden soll, dass es eigentlich umgekehrt ist. In Wirklichkeit ist es aber umgekehrt."
Websat:
"Glaube ich nicht. Er hat einfach nicht verstanden, dass es der Satire wesenseigen ist…"
Reta:
"Erspar mir bitte den Rest und lass mich wieder in der Versenkung deines Computers verschwinden."
Websat:
"Einverstanden! Betrachte dich als gelöscht!"
© 2016 Erwin Grab
ZYN! war ein deutsches Online-Satiremagazin. Im Gegensatz zu klassischen Satiremagazinen erschien es nur im Internet. Es bezeichnete sich selbst als „das einzige deutsche Satiremagazin“.
Für enormes Medienecho sorgte auch die eigens als Satire-Aktion entwickelte Online-Parodie „Spiggl“ auf das deutsche Nachrichtenmagazin Spiegel Online. Das originale Layout der Spiegel Online Webseite wurde von den ZYN!-Programmierern vollständig gekapert, um den Anschein zu erwecken, dass Leser sich auf der Spiegel-Seite befinden. Die Parodie "Spiggl" enthielt viele Nachrichten und Artikel, die aus der Feder der Satire-Autoren stammten. Die Parodie führte sogar dazu, dass ein dort veröffentlichtes fiktives Interview mit Bundeskanzler Gerhard Schröder über deutsche Atomwaffenpläne von einer iranischen Nachrichtenagentur aufgegriffen und als "echte" Meldung publiziert wurde. Anfang 2006 blamierte sich zudem der Politiker Friedrich Merz, als er einen ZYN!-Artikel bei einer Karnevalsveranstaltung als eigenes Werk vortrug und Medien auf den "Textklau" aufmerksam wurden.
Unter anderem stammen die drei nachfolgend abgedruckten "Interviews" aus meiner Feder. Auch wenn die darin besprochenen Politiker mehr oder weniger politisch keine Rolle mehr spielen (Peter Struck ist leider schon verstorben, Otto Schily hat wieder einen anständigen Beruf und auch sonst hört man außer "Maut für Ausländer" und "Grenzen zu in Bayern" nichts Bedeutendes) dienen sie vielleicht zur Einstimmung für eine schöne Traditon, die ich wieder aufnehmen will. Wobei ich gerne an schöne Zeiten mit "Sammy", den Hersausgeber von ZYN! denke.
Der geneigte Leser möge bedenken, dass bei den folgenden Interviews alles, aber auch wirklich alles erfunden ist!
Die Krankenkassen kranken.
Spiggl führte ein Gespräch mit Horst Seehofer (CSU), erschienen am 15.3.2003
Spiggl:
Herr Seehofer, Sie sind stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung. Wie beurteilen Sie Ulla Schmidt’s Reformpläne?
Seehofer:
Beurteilen? Wollen Sie mich veralbern? Wir VERurteilen sie. Und zwar aufs Schärfste.
Spiggl:
Na schön. Aber im Bundestag werden Sie wohl drüber reden müssen.
Seehofer:
Nun, die Erfahrung lehrt uns, dass noch nie etwas so aus dem Bundestag herausgekommen ist, wie es reingekommen ist.
Spiggl:
Oder noch nie etwas aus dem Bundesrat gekommen ist, wie es aus dem Bundestag hereingekommen ist?
Seehofer:
Damit unterstellen Sie uns wieder plumpe Blockadepolitik. Aber das kennt man ja von Ihnen.
Spiggl:
Ach wirklich? Na, sei’s drum. Aber jetzt mal im Ernst: Was ist mit Ulla’s Plänen?
Seehofer:
Da sind Ansätze vorhanden, die man diskutieren kann. Wenn dann nicht wieder alles verwässert wird.
Spiggl:
Verwässert? Was denn? Wie denn?
Seehofer:
Nun äh, nehmen wir zum Beispiel die Punkte Sterilisation und künstliche Befruchtung.
Spiggl:
Künstliche Befruchtung verwässern? Meinen Sie, die wollen die Samenbanken einfach verdünnen?
Seehofer:
Verdünnen? Wenn es das nur wäre! Die Punkte sollen aus dem Leistungskatalog gestrichen werden.
Spiggl:
Macht ja auch keinen Sinn, erst die Sterilisation zu bezahlen, damit die Pille gespart wird, und hinterher dann künstlich befruchten.
Seehofer:
Wieso Pille sparen?
Spiggl:
Die muss man doch selber zahlen!
Seehofer:
Machen Sie sich nicht lächerlich. Dafür gibt es doch Ausnahmeregelungen.
Spiggl:
Was Sie nicht sagen! Und was hat das mit Sterilisation zu tun?
Seehofer:
Eben. Da gibt es dann wieder so viele Ausnahmeregelungen.
Spiggl:
Zum Beispiel?
Seehofer:
Erst mal die sozial Schwachen.
Spiggl:
Und weiter?
Seehofer:
Bei ärztlich verordneter Notwendigkeit, Unverträglichkeit der Pille, Wohnraumknappheit und Magenschleimhautentzündung.
Spiggl:
Bei Magenschleimhautentzündung auch?
Seehofer:
Ja! Weil man dann die Pille ausko..., ich meine, man gibt sie wieder von sich!
Spiggl:
Und was ist mit dem öffentlichen Dienst?
Seehofer:
Klar! Die auch. Und die Gewerkschaftsmitglieder.
Spiggl:
Wer bleibt dann noch übrig?
Seehofer:
Weiß nicht! Männer vielleicht?
Spiggl:
Hrm! Kommen wir zum nächsten Thema: Das Sterbegeld wurde ab 1.1.2003 auf 525 € gekürzt. Haben Sie das im Bundesrat mit abgesegnet?
Seehofer:
Ich kann mich nicht erinnern. Betrifft das nicht nur einige Wenige?
Spiggl:
Eher nicht. Gestorben sind sie bis jetzt alle.
Seehofer:
Sind Sie sicher?
Spiggl:
Was ist mit Franz-Josef Strauß?
Seehofer:
Na gut. Aber irgendwo muss mit dem Sparen ja angefangen werden.
Spiggl:
Aber für 525 € gibt es gerade mal zwei Kränze und eine Schaufel Erde. Was ist mit dem Rest?
Seehofer:
Was für ein Rest?
Spiggl:
Da müsste noch ein Leichnam entsorgt werden.
Seehofer:
So seid Ihr von der Presse. Alles lächerlich machen und stänkern. Schlagen Sie doch mal was vor!
Spiggl:
Gerne! Wie wäre es im Zuge der Maßnahmen um das sozialverträgliche Ableben mit gestaffelten Leistungen?
Seehofer:
Wie meinen Sie das?
Spiggl:
Wer früh stirbt, entlastet die Kranken- und Rentenkasse. Dafür bekommt er ein Begräbnis erster Klasse. Wer unbedingt alt werden will, muss selber zahlen.
Seehofer:
Und Sie meinen, das geht?
Spiggl:
Einen Versuch wäre es wert!
Seehofer:
Aber die wollen doch alle steinalt werden!
Spiggl:
Eher nicht. Bei den Aussichten.
Seehofer:
Und wie soll das geregelt werden?
Spiggl:
Wie bisher. Nur gezielter.
Seehofer:
Was soll das heißen, wie bisher?
Spiggl:
Nun, laut Münchner TZ vom 9.5.2003 sind Ärzte die Todesursache Nr. 1 in Deutschland. Die Durchführung wäre also gesichert.
Seehofer:
Und wie wollen Sie verhindern, dass da was rauskommt?
Spiggl:
Ganz einfach: Wir behalten die kassenärztlichen Vereinigungen. Da verschwinden noch ganz andere Sachen.
Seehofer:
Und das wollen Sie drucken?
Spiggl:
Klar! Glaubt sowieso keiner.
Seehofer:
Na dann!
Spiggl:
Herr Seehofer, wir bedanken uns für dieses Gespräch.
Das Exodus-Projekt
Spiggl im Gespräch mit Bundes-Innenminister Otto Schilly
(erschienen am 20.5.2003)
Spiggl:
Herr Minister, was verbirgt sich im Detail hinter dem Exodus-Projekt?
Schilly:
Ich habe noch nie davon gehört. Was soll das sein?
Spiggl:
Noch nie gehört? Uns liegen Dokumente mit Ihrer Unterschrift vor.
Schilly:
Wie hieß das Projekt?
Spiggl:
Exodus-Projekt.
Schilly:
Sagen Sie das doch gleich. Das ist noch kein Projekt. Eher ein Gedanke. Ein Sandkasten-Planspiel.
Spiggl:
Exodus hört sich nach Auszug an. Wer soll wann und wohin ziehen?
Schilly:
Wie gesagt, da ist noch nichts konkret.
Spiggl:
Aber Sie haben doch schon Möbelwagen und Busse bestellt!
Schilly:
Bestellt nicht. Nur Angebote eingeholt.
Spiggl:
Auf wessen Veranlassung?
Schilly:
Veranlassung ist maßlos übertrieben. Eher aus einer Laune heraus.
Spiggl:
Wessen Laune?
Schilly:
Wenn Sie so fragen, ich glaube, es war Doris.
Spiggl:
Schröder-Köpf?
Schilly:
Schon möglich. Aber ich möchte nicht zitiert werden.
Spiggl:
Wie kann eine Laune der Kanzlergattin dazu führen, dass die ganze Regierung verrückt spielt?
Schilly:
Wieso verrückt? Wir gehen plan- und maßvoll vor. Das wär's dann wohl?
Spiggl:
Nicht ganz. Dem Tagesbericht des BKA von Donnerstag, dem 16. April 2003 entnehmen wir, dass der Kanzler um 11:15 Uhr sein Haus mit seiner Stieftochter fluchtartig verlassen, und sich dann mehr als drei Stunden in einer Kneipe verschanzt hat.
Schilly:
Woher wollen Sie das wissen? Na, ist auch egal. Also das war mehr eine haushälterische Maßnahme. Völlig uninteressant für die Öffentlichkeit.
Spiggl:
Die Kanzlergattin verhandelt mit dem Finanzminister über den Haushalt, und das soll uninteressant sein?
Schilly:
Quatsch! Sie hat ja auch einen eigenen Hauchalt.
Spiggl:
Eigenen Haushalt?
Schilly:
Na klar! Mit Wäsche, Spülmaschine und Teppichklopfer und so!
Spiggl:
Keinen Staubsauger?
Schilly:
Weiß nicht! Denke schon.
Spiggl:
Und was hat das mit dem Exodus-Projekt zu tun?
Schilly:
Gar nichts! Aber ich muss jetzt wirklich...
Spiggl:
In Ordnung. Wir veröffentlichen dann die Dokumente...
Schilly:
Ihr seid widerlich! Kein Wunder, dass Euch jeder hasst!
Spiggl:
Sehr schmeichelhaft. Aber nun mal los!
Schilly:
Also Doris, ich meine die Kanzlergattin wollte Großputz machen, weil sie über Ostern Besuch erwarteten.
Spiggl:
Und dann?
Schilly:
Sie wissen doch, wie Frauen sind. Sie hat die beiden rausgeschmissen, weil sie sie vor den Füßen weghaben wollte.
Spiggl:
Kennen wir. Aber wenn andere Frauen putzen, steht die Regierung nicht Köpf... pardon Kopf!
Schilly:
Naja, angefangen hat das erst, als der Kanzler das im Kabinett erzählt hat. Da hat der Clement gemeint, genau so müsse man diesen Saustall aufräumen.
Spiggl:
Welchen Saustall?
Schilly:
Hat der Kanzler auch gefragt.
Spiggl:
Und?
Schilly:
Den Saustall BRD!
Spiggl:
Hat Clement gesagt?
Schilly:
Genau. Dann haben wir spaßeshalber darüber diskutiert. War ganz lustig.
Spiggl:
Und dann?
Schilly:
Sie kennen doch Hans Eichel. Humor wie ein Fleischerhund. Der nimmt alles ernst. Hat eine Studie in Auftrag gegeben und vorige Woche vorgelegt.
Spiggl:
Mit welchem Ergebnis?
Schilly:
Dass es geht!
Spiggl:
Was geht?
Schilly:
Nun, alles reformieren, sanieren und aufräumen. Vorausgesetzt, dass keiner vor den Füßen rumläuft.
Spiggl:
Wollen Sie etwa die ganze Bevölkerung in die Kneipen schicken?
Schilly:
Nee! Die müssen schon weiter weg. Und länger!
Spiggl:
Sie wollen tatsächlich rund achtzig Millionen Menschen außer Landes bringen?
Schilly:
Nicht alle! Es müssen ja welche zum Aufräumen dableiben.
Spiggl:
Und wohin sollen die alle?
Schilly:
Dahin, wo die deutsche Industrie auch ist. Wir brauchen ja Arbeitsplätze.
Spiggl:
Und was machen die einheimischen Arbeitskräfte dieser Firmen in... sagen wir mal Pakistan?
Schilly:
Die machen Urlaub. Ist ja alles nur vorübergehend.
Spiggl:
Das hat Mose auch geglaubt.
Schilly:
Mose?
Spiggl:
Der hatte auch so einen Umzug organisiert. Sollte eine kurze Reise sein, und hat dann vierzig Jahre gedauert.
Schilly:
Ist das verbürgt?
Spiggl:
Fragen Sie Ephraim Kishon.
Schilly:
Sei's drum. Jetzt ist die Planung fast abgeschlossen. Aber das haben Sie nicht von mir!
Spiggl:
Keine Bange. Sagen sie mal, wird das nicht furchtbar teuer?
Schilly:
Nöö! Da wären nur die Reisekosten. In diesen Ländern lebt es sich ja ziemlich billig. Und zu Hause spart man den Strom.
Spiggl:
Und die Grünen machen da mit?
Schilly:
Wir fahren mit Rapsöl!
Spiggl:
Also wirklich.! Was sollen wir nur dazu sagen?
Schilly:
Sie könnten jetzt sagen: Wir bedanken uns für dieses Gespräch!
Spiggl:
Na gut!
Verteidigungsminister Struck konferierte mit seinen Nato-Kollegen in Washington.
Spiggl sprach mit dem Minister:
(erschienen am 6.5.2003)
Spiggl :
Herr Minister, wie gefällt Ihnen Washington um diese Jahreszeit?Struck:
Der Mai ist einer der schönsten Monate um diese Zeit. Nicht mehr so kalt wie im Winter und noch nicht so heiß wie im Sommer. Aber ich würde mich da nur ungern festlegen.
Spiggl :
Und schon sind wir beim Thema. Die Polen haben angeregt, dass Deutschland an der multinationalen Stabilisierungstruppe im Irak beteiligt wird. Schicken Sie Ihre Jungs jetzt auch nach Bagdad, und welchen Teil wollen Sie dann besetzen?
Struck:
Dieser Vorstoß einer der Koalitionsparteien muss natürlich ernsthaft überdacht werden. Immerhin haben die Polen ein namhaftes Kontingent an Soldaten und Material für diesen Krieg zur Verfügung gestellt (im Verhältnis zu den Amerikanern 1:1000. Anm. d. Red.), so dass ihnen auch ein Mitspracherecht zusteht. Außerdem verfügen die Polen über Erfahrungen in solchen Befreiungsaktionen.
Spiggl :
Sie spielen sicher auf die Befreiung der Tschechen von Dubcek, diesem Usurpator an?
Struck:
Nun ja, eigentlich weniger. Oder vielleicht doch. Da könnte man Parallelen sehen.
Spiggl :
Einer Pressemeldung zufolge sind die Polen pleite und können sich den Einsatz im Irak eigentlich gar nicht leisten. Könnte es sein, dass die nur jemanden suchen, bei dem sie sich mal sattessen können?
Struck:
Das müsste man im Einzelnen natürlich klären. Ich will da auch keinem Kabinettsbeschluss vorgreifen. Wir werden das Thema mit aller Ernsthaftigkeit diskutieren...
Spiggl :
...und dann an eine Kommission verweisen?
Struck:
...und den Bundeskanzler dann abstimmen lassen. Grundsätzlich bleibt es aber beim NEIN zum Krieg. Und von Besetzen kann überhaupt keine Rede sein. Wenn, dann würden wir uns an den Suchaktionen beteiligen.
Spiggl :
Nach Saddam Hussein? Angeblich ist er mit einer Milliarde Dollar abgehauen. Meinen Sie, es springt für Eichel ein Lösegeld heraus, wenn Sie ihn schnappen?
Struck:
In einer solchen Situation von Geld zu reden, kann auch nur Ihnen einfallen.
Spiggl :
Oder nach Massenvernichtungswaffen? Glauben Sie, dass unsere Soldaten da besser zurecht kommen, weil die Bedienungsanleitungen in deutscher Sprache sind?
Struck:
Das ist eine infame Unterstellung.
Spiggl :
Sie hatten ein Gespräch mit Rumsfield. Er soll nicht nett gewesen sein.
Struck:
Ein Mann, der das Amt eines Verteidigungsministers erreicht, ist selten nett.
Spiggl :
Sie sind auch Verteidigungsminister.
Struck:
Eben!
Spiggl :
Kommen wir zur Innenpolitik! Der Bundeskanzler befindet sich auf Werbetour für seine Agenda und spricht von den Notwendigkeiten. Wörtlich sagte er:
‚Wir brauchen eine Mehrheit für die Notwendigkeiten. Sonst finden die Notwendigkeiten andere Mehrheiten. Und das sind dann nicht unsere!’
Struck:
Wie soll ich denn das verstehen?
Spiggl :
Nun, mit Notwendigkeiten meint er sicher die Reformen. Dafür braucht er eine Mehrheit, ist ja klar. Hat er ja auch. Aber pingelig, wie er ist, will er die von seinen eigenen Kumpels, also von der SPD und den Grünen... Also wirklich, Herr Struck. So geht das aber nicht! Hinterher heißt es dann wieder, wir hätten Ihnen die Worte in den Mund gelegt.
Struck:
...oder so!
Spiggl :
Genau! Sigmar Gabriel sagte bei Sabine Christiansen, die Reformpläne gingen nicht weit genug. Andererseits bemängelt er, es sei immer noch unklar, was mit dieser Reform eigentlich erreicht werden soll. Sehen Sie da auch einen Widerspruch?
Struck:
Wieso Widerspruch?
Spiggl :
Nun, wenn ich nicht weiß, wo ich hin will, kann ich auch nicht sagen, wie weit ich schon gekommen bin.
Struck:
Hauptsache, wir kommen vorwärts. Aber es ist immer dasselbe mit dieser Scheißpartei. Jeder macht, was er will und keiner tut, was er soll.
Spiggl :
Aber alle machen mit?
Struck:
Das walte Müntefering!
Spiggl :
Der Kanzler verknüpft sein politisches Schicksal mit der Geschlossenheit der Partei. Bei einer Abstimmungsniederlage muss er zurücktreten. Stehen Sie dann als Nachfolger zur Verfügung?
Struck:
Fragen Sie mich das nach der Abstimmung!
Spiggl :
Herr Minister, wir danken Ihnen für das Gespräch.